Die Schreibweise folgt der Originalversion des E-Mail-Interviews.
Simon Hadler: wie seid ihr denn auf die idee zu urs lehni gekommen?
Urs Lehni: Unsere Ursprungsidee war, eine webbasierende Applikation zu kreieren, deren Aufgabe es gewesen wäre, Vectorzeichnungen, also z.B. Adobe Illustrator Dateien zu verwalten und für BenutzerInnen weltweit verfügbar zu machen. die Applikation hätte keinerlei Spielcharakter gehabt, sie war als webbasierende Datenbank gedacht. Die dafür gewählte Technik, nämlich Java 2, war aber auf der Mac-Seite noch nicht verfügbar, und so erübrigte sich die Weiterentwicklung dieses Projektes. Daraus entstand aber die Idee zu Vectorama.org. Die beiden wichtigsten Ideen, die Datenbank und die Vectortechnik, übernahmen wir und versuchten daraus etwas zu entwickeln, das eher mit Spiel und Gestaltung zu tun hat. Bei der Realisation stand dann auch immer die Idee vom 'lebenden Bild', welches mehrere BenutzerInnen gleichzeitig und miteinander gestalten, umgestalten oder zerstören können, im Vordergrund.
SH: wie sieht eure vision vom netz aus? ich frag nur deshalb, weil viele künstler/webdesigner ihre - hm - netzpolitische/medien theoretische einstellung relativ demonstrativ vor sich hertragen, in ihren projekten, auf ihrer homepage etc. bei euch habe ich diesen eindruck nicht.
UL: Mit unseren 'Gestaltungs-Applikationen' versuchen wir BeutzerInnen zu aktiver Teilnahme zu bewegen. wir verstehen unsere BenutzerInnen mehr als Produzenten, denn als Konsumenten.
Vor allem bei Vectorama.org steht klar die Anwendung im Vordergrund - und das Design ergibt sich durch die 'Kreativität' der Leute, welche die Site besuchen. Deswegen ist auch das Userinterface mehr oder weniger schwarz-weiss gehalten und der Playground bildet das Zentrum, den Ort des Geschehens.
Bei Vectorama.org kommt noch ein anderer Aspekt einer 'Netzvision' hinzu, nämlich jener der Zusammenarbeit. Die Tatsache, dass jemand ein Vectorama-Objekt von der Schweiz aus gleichzeitg mit jemanden aus Tokyo 'anfassen' und bearbeiten kann und dass diese Modifikationen in Echtzeit dargestellt werden ist für uns von zentraler Bedeutung. in den neuartigen Möglichkeiten der ortsunabhängigen Zusammenarbeit, welche solche Multiuser Applikationen erlauben, sehen wir also eine Zukunft des Web.
SH: welche erfahrungen habt ihr bis jetzt mit vectorama gemacht? sind die user im netz im allgemeinen fähig zu sinnvoller kooperation? oder wird auf ein und dem selben playground aneinander vorbeigezeichnet?
UL: die intensität der kooperation hängt vor allem von der bereitschaft der benutzerInnen und deren vertrautheit mit den verschiedenen editier-möglichkeiten ab. auch die konstellation der benutzerInnen auf vectorama.org hat einen wesentlichen einfluss auf den spielverlauf. zum einen gibt es besucher, die initiative zeigen und eine ganze gruppe motivieren können und zum anderen bilden sich unter den besuchern wiederum subgruppen. natürlich finden sich auf vectorama.org auch destruktive spieler die einem den ganzen spass verderben können. sogesehen funktioniert vectorama.org nach de ngleichen gesetzmässigkeiten wie andere spiele und formen der zusammenarbeit.
SH: wie erlebt ihr eigentlich euren gesteigerten bekanntheitsgrad
UL: im zentrum des geschehnes stehen ja nicht wir als personen sondern die applikation und deren benutzerInnen. die aktuelle präsenz von vectorama.org gibt uns die möglichkeit die arbeit an verschiedenen orten und in verschiedenen medien vorzustellen und motiviert uns diese arbeit weiter zu entwickeln.
appendix
jürg lehni
1978
geboren in Luzern
1993-98
Parallel zum Gymnasium autodidaktisches Lernren von diversen Programmiersprachen, darunter C++, Java, Pascal, Assembler
1998
Matura Typus C an der Kantonsschule Reussbühl, Luzern
1999
Abgebrochenes Studium der Elektrotechnik an der ETH Zürich
1999/ 2000
Arbeit als Freelancer im Bereich der Neuen Medien für verschiedene Auftraggeber, darunter Roche, Expo.02, Ascom
2000
Praktikum am HyperStudio, Basel
Studium am HyperWerk, Basel
urs lehni
1974
geboren in Teufen, Appenzell
1994
Matura Typus E an der Kantonsschule Alpenquai, Luzern
1999
Diplom der Fachklasse für Grafik, Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern
1999/2000
Arbeit als Grafiker bei der Expo.02 / Direction Artistique in Neuchâtel
2000
Arbeit als Screendesigner bei Belleville AG, Zürich (Juni bis September)
2000/01
Arbeit im Atelier Cornel Windlin & Gilles Gavillet als Grafiker für das Schauspielhaus Zürich
rafael koch
1976
geboren in Luzern
1993
Sekundarschule in Adligenswil und Luzern
1999
Diplom der Fachklasse für Grafik, Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern
2000
Anstellung als Grafiker bei Milani[d&c] und Eclat AG Zürich
2000/01
Verschiedene Freelance Tätigkeiten im CI- und Webbereich u.a. für Robert Krügel und R.Ø.S.ABetreuung eigener Kunden im Atelier Display Luzern
2001
Anstellung bei [Plug In] Forum für neue Medien in Basel als Netzwerker. Realisierug eigener Projekte im Atelier Display Luzern.
prices
2001
New Talent Competition, Milia 2001, Cannes
2000
Werkbeitrag der Stadt und des Kantons Luzern für die Arbeit www.vectorama.org
stealing eyeballs 02
Interview mit Vectorama.org
AutorInnen