sozial Adj. „das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft betreffend, gesellschaftlich, gemeinschaftlich, der Allgemeinheit verbunden“, auch „die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Klasse, Schicht, Gruppe in der Gesellschaft, seine wirtschaftliche Situation sowie die ökonomische und politische Struktur der Gesellschaft betreffend“. Entlehnung (Anfang 19. Jh.) von frz. social, lat. socialis „die Gesellschaft betreffend, gemeinschaftlich, gesellig“, abgeleitet von lat. socius „gemeinsam“ (s. Sozius). frz. social, zu Beginn des 17. Jhs. in der Bedeutung „gesellig“, wird im 18. Jh. bei den Enzyklopädisten, die in der Tradition der Naturrechtler (Grotius, Pufendorf) stehen, im Sinne von „auf die Beziehungen des Zusammenlebens gerichtet, der Gemeinschaft verbunden und ihr dienend“ zum Ausdruck einer natur- und vernunftgemäßen Moral, die das menschliche Zusammenleben prägt. Der Gebrauch des Adjektivs durch die Physiokraten setzt es in Beziehung zur Wirtschaft, bei Saint – Simon entwickelt es sich zum Gegensatz von frz. individuel, im weiteren erhält es im Hinblick auf eine Lösung ökonomisch bedingter gesellschaftlicher Gegensätze den Sinn „durch Beseitigung überkommener Privilegien den gesellschaftlichen und wirtschaftlich Benachteiligten stützend“. Im Dt. begegnet sozial als selbstständiges Adjektiv zuerst Anfang des 19. Jh. (Schelling, Goethe), während die im Jahre 1800 erschienenen Übersetzungen von Rousseaus „Contrat social“ dafür gesellschaftlich, Gesellschafts- oder öffentlich als Äquivalent benutzen. Erst im Zusammenhang mit dem nach 1830 merkbar eindringenden revolutionären frz. Ideengut bürgert sich sozial im Dt. ein und wird zum politischen Schlagwort, vgl. soziale Frage, soziale Verhältnisse, soziales Leben, soziale Idee, soziale Reform (19. Jh.). Ältere Komposita wie Social(zu)stand, Socialgesetz (Ende 18.Jh.) dürften dagegen auf einer früheren, direkten Entlehnung aus dem Lat. beruhen. aus: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, Akademie-Verlag, Berlin 1989
sozial, adj. was die menschliche gesellschaft, das zusammenleben der menschen und seine staatlich – rechtliche ordnung wie die wirtschaftlichen verhältnisse betrifft: der soziale zustand eines landes, volkes, die soziale lage eines standes u. ähnl. die soziale frage, der complex von problemen, der die wirtschaftlichen und politischen zustände, namentlich die lage der unteren schichten, der lohnarbeiterklasse, betrifft. die soziale bewegung, bewegung zur besserung der wirtschaftlich – politischen zustände, zur verwirklichung der gerechtigkeit in der ordnung der gesellschaft, speciell zur hebung der arbeiterklasse. in diesem selben positiven sinne wird sozial auch sonst gebraucht. soziale gesinnung u. dgl. aus: Grimm, Jacob u. Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854 – 1960.
TransAct 2, Sprachfelder – Archiv
Boris Manner, Redaktion
Sprachfelder 03
„sozial“
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