In unserem Land wird derzeit der Begriff Demokratie mit Füßen getreten. So als ob hier zwei Verneinungen eine Bejahung ergeben würden, wird es als „demokratisch“ angesehen, wenn sich eine undemokratische Partei mit undemokratischen Mitteln an die Macht bringt. Es ist einfach gelogen, wenn behauptet wird, dass die Mehrheit der Österreicher hinter dieser Regierung steht. Diese Regierung ist vielmehr das Produkt eines Betrugs der Österreichischen Volkspartei an einem Großteil ihrer Wähler, wie man den Meinungsumfragen vor der Bildung des derzeitigen Koalitionsbündnisses entnehmen kann. Andererseits, und das erscheint mir wesentlich, ist unsere katastrophale politische Situation auf unsere Unfähigkeit zu einer wirksamen Vergangenheitsbewältigung zurückzuführen. Unter dem scheinbar bewährten Motto „Glücklich ist, wer vergißt“ wollte sich Österreich aus seiner schuldhaften Verstrickung mit einem der größten Kollektivverbrechen der Menschheitsgeschichte „herausstanzen“. Wer sich an ein Trauma nicht erinnern kann, muß es bekanntlich wiederholen. In diesem Sinn ist die gegenwärtige Lage im Lichte einer Wiederkehr des Verdrängten zu sehen. Es ist zu wünschen, dass sich diese Wiederholung nur als kurzdauernde Farce ereignet und dass es uns gelingt, jene Sensibilität zu erlangen, die für eine wirkliche Traumabewältigung notwendig ist. Mögen uns unsere Freunde sowohl aus den europäischen Bündnisländern als auch aus den nicht-EU-Staaten bei unseren diesbezüglichen Bemühungen helfen.
August Ruhs, Psychiater und Psychoanalytiker, Universität Wien
Wien, 14. Februar 2K
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