Konstantin Adamopoulos: Du warst jetzt schon öfters in China und in Japan, das ist ein Arbeitsfeld für Dich geworden. Auch Dein neuestes Buch hast Du dort gemacht und Du hast dort ausgestellt. Es fing ja schon 1964 an, wenn ich mich besinne, als Du Mao ins Bild gesetzt hast, in ein mechanisches Bildobjekt, mit einer Bildmaschine. Hier eröffnet sich doch irgendwie das Thema: Realität und Masse.
Thomas Bayrle: Ja, ich meine, dass die Frage mit dieser Identität, für mich immer so eine zweischneidige Sache war, weil ich im Grunde nicht die geforderte Identität hatte. Dies hing vielleicht noch mit dem was vorher war zusammen, dass dieses Ich, das vorher da war, irgendwann zusammengekracht ist. Ich habe mich einfach dafür interessiert, weil die eine populäre, kollektive Methode hatten, dieses aus vielen Teilen gebildete Super-Ich oder diese Super-Form ganz naiv darzustellen. Indem wir einfach diese Schilder hatten, diese gewechselt haben und dadurch Super-Idole oder Super-Formen gebildet wurden, haben die eine basisdemokratische Form gehabt. Die konnten eben eine Fabrik bilden, den Mao abbilden oder sie konnten irgendwelche wichtigen Elemente bilden. Das war eine einfache, jedoch sehr populäre Form, wo die Einzelnen, indem sie eben ihre Schilder hatten, mitgewirkt haben.
KA: Also jeder hatte so ein Stück des gesamten Bildes vor sich.
TB: Ja. Es war tatsächlich so, dass man sehen konnte, wie aus diesen vielen Einzelnen ein Ganzes gebildet wurde. Parallel zu diesem Bild hatte ich auch gewisse andere Interessen, zum Beispiel Insekten. Da war es eben genauso wichtig für mich, ein Buch gelesen zu haben, das ein Lehrer in Südafrika 1906 geschrieben hatte – der Marais, „Die weiße Ameise“.
TB: In diesem Buch werden Tierchen geschildert, die sich zerlegen können, die ihre Identität aufgeben können, indem sie zum Beispiel ihren Magen oder ihren Darmtrakt verlieren. Sie setzten sich zu einem großen Gebilde zusammen, das im Meer schwimmt – also wie eine schwimmende Stadt. Aber das verrückte war, dass die Tiere sowohl ihre Identität aufgeben können, als auch wieder annehmen können. Beim Zerfall entwickeln sich die Tiere wieder zurück in Individuen, die dort schwimmen können. Das war für mich genauso wichtig, wie der Mao. Oder auch die Termiten, die so programmiert sind, ohne dass da irgendeiner ist, der das befiehlt. Die wissen eben: „Ich baue hier in zwei Meter zehn einen Quadratzentimeter ein“. In diesen riesigen Turm, den wir alle bauen. Das heißt, dass die Tiere chemisch gesteuert sind. Das ist eine kollektive Steuerung, ohne dass irgendeiner da ist, der es den anderen erzählt. Diese Formen haben mich interessiert und hinzu kam natürlich noch die Musik. Zum Beispiel der „Devo“, der ja mehrere betraf, da war dann also ausgesprochen, was vorher schon durch „Kraftwerk“ oder durch „The Can“ und solche Gruppen in Deutschland angelegt wurde. Im „Techno“ hat sich dies später weiterentwickelt. Oder sagen wir mal, alle Formen, die dieses Individuum in Frage stellen und neu aufbauen. Das alte Ding konnten wir nach dem Zweiten Weltkrieg einfach nicht mehr glauben, nachdem, was sich da abgespielt hatte. Dieses Über-Ich ist einfach zusammengekracht.
KA: Dann geht es ja weiter. Wie wird was erkannt? Wie wird was ausgewählt? Also wie wird aus der Masse bedient? Was sind da die Leistungen? Einzelleistungen, Gesamtleistung, Engergiefrage?
TB: Ja, ich habe eigentlich auch an mir selbst festgestellt, dass ich die große Einzelgeste nicht bringe. Deshalb habe ich sie einfach in viele kleine Intentionen aufgeteilt und diese zusammengezählt. Ich habe einfach gesagt, ich mache viele Intensionen, hunderte, setze sie zusammen oder addiere sie, anstelle dieser großen Geste, die ich mir eh nicht abgenommen habe. Ich habe ja auch einmal Action Painting probiert, aber das war nicht einfach. Es kommen auch ökonomische Fragen hinzu, die das erzwungen haben. Im Punkt habe ich schon immer ein Individuum gesehen – eigentlich ein abstraktes Individuum. Der Punkt ist wie ein Saatkorn, aus dem eine Pflanze wächst. Der Punkt repräsentiert eben eine Inhaltsmenge. Wenn ich so denke, muss ich diese Punkte verstärken oder ich wollte diese Punkte einfach entwickeln. Ich wollte die Punkte emanzipieren, indem ich ihnen Information untergelegt habe und diese im Laufe der Jahre ständig gesteigert habe.
KA: Also, Du meinst jetzt so etwas wie einen Rasterpunkt?
TB: Ja.
KA: Container?
TB: Ja
KA: Also für Projektionen?
TB: Ich habe das normale Rasterbild, welches aus Punkten besteht. Normalerweise wird ja nur darauf geschaut, was da hinauskommt. Also die Zahl der Punkte bildet eben eine Nase oder einen Mund. Aber für mich war es genauso wichtig die Punkte zu individualisieren und diese Summen, diese Individuen zu einem Mund hochzurechnen oder hochzuaddieren. Damit sind die Körner, aus denen dieses Brot stammt, immer mehr in den Vordergrund gekommen. Sie waren für mich auch wichtig, weil sie nicht einfach totes Material waren, sondern Lebewesen, kleine Lebewesen.
KA: Also wenn sich aus Tassen eine Supertasse aufgebaut hat?
TB: Ja. Das ist jetzt wiederum die Frage der Massenproduktion. Am Anfang hatte ich nichts anderes als die pure Faszination an der Masse. Ob Menschenmassen, Tassenmassen oder Dosenmassen – es war völlig egal. Die Produktion, Massenproduktion, Massendistribution, also diese Begriffe, die haben mich am meisten interessiert. Parallel zu dem, was die in China gemacht haben, war es für mich völlig klar, dass hier im Westen dasselbe läuft. Nur mit Waren läuft es hier nicht.
KA: Quantität?
TB: Ja, die Industrialisierung hat die totale Massenproduktion gebracht und die Probleme, die damit zusammenhängen. Distribution und ähnliches. Im Osten war das damals noch nicht so, die haben das mit Menschen gemacht, sodass für mich auch schon 1966 etwas Unerlaubtes eintrat. Ich habe nämlich Dosen, Menschen und Tassen völlig ähnlich gesehen und auch behandelt, erst einmal als Phänomene. Um schon anfangs diese Massen auszuwalzen, als Tapeten oder als Skulpturen, als dreidimensionale und zweidimensionale Realität. Darin lag aber keinerlei Ideologie. Da ging es nur darum, dass das so richtig volle Massen waren. Alles sollte damit überzogen sein, wie Masern oder Scharlach, wie irgendwelche Muster, nicht? Es kann auch einfach nur ein Muster sein, ohne gleich mit Bedeutung vollgestopft zu sein.
KA: Ja, das kann dann schon so etwas Apokalyptisches annehmen. Wenn man von Kleinteiligkeiten so überwältigt ist, die dann über Zooms ins Mikrokosmische riesengroß werden und als Einzelnes individuell sind und als Identitäten stark werden. Das hat ja sowohl etwas Atmendes als auch etwas Beängstigendes. Man verliert die Distanz und rutscht so hinein. Wenigstens bei dem Film hast Du das animiert und dadurch starrt man auch hinein. Wenn Du jetzt von „Distribution“ sprichst, dann meinst Du damit ja auch so etwas wie Verkehr oder wie Kommunikation?
TB: Ja.
KA: Das waren ja schon Themen, die nahezu apokalyptisch waren. Wenn Du jetzt in den neuen, computergenerierten Filmen den Menschen auflädst, mit Pixel, die selber ein Eigenleben führen, also Videofilme sind, dann hat das ja auch etwas Pulsierendes, etwas Atmendes. Einerseits ist die Megaform unheimlich dominant, andererseits ist sie völlig durchdrungen und pulsiert durch diese Poren, die so ein Eigenleben leben und trotzdem irgendwie Teil dieses Ganzen sind oder das Ganze eben aufladen. Da gibt es auch Spannungen.
TB: Eigentlich hat sich das Ganze zu einer Art Lebewesen gemausert, weil das jetzt ein Punkt oder ein ganzer Film ist. Das hat auch damit zu tun, dass es eigentlich Zellen sind, wie Zellen im Körper. Auch Autobahnsachen habe ich schon wie Zellen betrachtet, wie große Verkehrszellen, die eben metastasisch entweder überall eingesetzt werden können, oder sich überall aneinanderhängen. Wichtig ist weiters, dass mein Körper aus Milliarden von Zellen besteht und dass ich mich selber wieder erzeugen kann. Das sind Lebewesen. Wenn im Kopf zehntausend Leute schreien, dann sind es eigentlich die Zellen, die sich dort zu Wort melden und natürlich auch Bilder von diesen, auch wiederum dieses chinesische Bild. Winzige Zellen machen diesen riesigen Körper aus, den ich als Land darstelle. Ich übertrage das gedanklich oder gefühlsmäßig auf jede Größenordnung. Das hat nicht nur eine einzige Bedeutungsebene, sondern ich sehe klar, dass alleine hier in dieser Hand so viel Milliarden von Lebewesen drinnen sind, die jetzt makro gezeigt werden können. Ich meine, die werden einfach rausgeholt.
KA: Aber Du hast ja fast ein animistisches Verhältnis zu Maschinen oder zur ganzen Technik. Du hast ja immer mit Technik auch experimentiert, selbst wenn es handgemachte Techniken waren. Anfangs waren Deine Arbeiten technische Handarbeit, auch wenn sie mit Video oder Graphic-Computern generiert wurden. Dennoch entsteht technisch etwas Maschinenartiges, so etwas Ruckartiges, das sich über Gelenke zu übersetzen scheint. Das impliziert vieles aus der Maschinenwelt.
TB: Klar, wir leben in einer Maschinenwelt. Für mich ist in Wirklichkeit alles ein Riesenprogramm. So wie wir heute vom Computerprogramm sprechen, ist das ein enormes Programm, dieses ganze Leben. In diesen Programmen sind Unterprogramme und Maschinen, die diese Programme führen, zueinander leiten oder voneinander fernhalten. Auf alle Fälle sind diese Ringe, Programmringe, die ineinandergreifen. Ich habe nie versucht irgendwie technisch überzupointieren, nur das Allernötigste. Ich würde nichts von einem Technikfetischismus halten, jedoch war das, was ich machen wollte eben nur so möglich. Ich habe ziemlich spät begonnen mit Computern zu arbeiten und erst einmal alles im Vorfeld abgegrast. Erst wenn ich eine Dimension anders nicht mehr ausdrücken kann, dann nehme ich auch Maschinen. Diese ganzen Geschichten sind jetzt noch in dieses Fahrwasser digital und analog reingekommen, in ein untrennbares Kontinuum von Maschinen, das gar nicht mehr aufhört. Es betrifft eigentlich jeden. Genauso wie die Autos, die jeder fährt, die ja auch Jahrzehnte lang mein Interesse hatten, ist es jetzt eben der Computer. Der Computer wird genauso wie das Auto. Es wird jeder im Computer fahren. Und es hat ja auch schon jeder welche an sich, in sich und um sich. Es wird eben zu einer Art Natur.
KA: Du bringst immer so eine seltsame alchimistisch, mythologische Ebene mit, ohne dass Du einen narrativen Epos einbaust. Einfach dadurch, dass diese Maschinenwelt pulst und pocht.
TB: Ja, ich meine die Maschine hat ja den „Loop“ in sich. Sie wiederholt dauernd winzige Umdrehungen oder winzige Loops. Sie arbeitet einfach so. Ich sehe eigentlich auch die ganzen Geschichten, die ablaufen, als „Loop“, also als Tageslauf, Jahreslauf, aber eben winzig. Was sich in Betrieben abspielt, was sich in sozialen Feldern abspielt sind sich dauernd wiederholende Geschichten. Inhaltlich und von Seiten der Maschinen treffen sich die Wege. Deshalb habe ich das institutionalisiert. Durch diese Vorstellung, dass eben die Materialien, die da bewegt werden in Container geschüttet werden, Großformen sind. Bei den Filmen sind das eben die Behälter, in die etwas hineingeschüttet, weitergeschüttet und wieder umgeschüttet wird. Das macht eben eine Gesellschaft aus, dieses pausenlose – Umschütten, Umtransportieren von einem auf einen anderen und vom anderen wieder auf den einen und so weiter. Das ist eigentlich das, was antreibt.
KA: Du hast ja auch einmal eine Kathedrale als Motor beschrieben.
TB: Ja, ich meine diese Erfindung kommt aus dem Westen. Die Maschine ist im Westen, in England erfunden worden. Der Worringer der hat das im Grunde angedeutet, der hat mich am meisten angeregt – eben in seiner Vorstellung oder in dem, was er über die Gotik gesagt hat. In der Gotik sind ja die ersten Maschinen – diese Kathedralen – wo nicht mehr von der Bauhütte aus gearbeitet wird, sondern wo Fertigteile, die an verschiedenen Orten Frankreichs hergestellt wurden, zusammengeführt wurden. Sie wurden dort zusammengebaut, genau wie im Autowerk. Ich muss ehrlich sagen, dass ich den Bauten das auch ansehe. Wenn ich diese Kathedrale in Reims ansehe, dann sieht sie ja selber aus wie Dieselmotorenaugen, wie die Kolben von Dieselmotoren, 16 Zylinder übereinander gestellt. Ich denke diese Geschichte ist in uns drinnen und ich verliere auch keine Worte mehr darüber, weil das in unserem Körper drinnen ist und wir nichts ändern können. Es geht jetzt darum, dass man mit dieser Natur arbeitet, mit dieser Geschichte, die nun immerhin tausend Jahre alt ist.
KA: Wie siehst Du es jetzt also, dass Du zum Beispiel Dein neuestes Buch in China produzieren lässt, beziehungsweise von China aus gefragt wurdest, es dort zu machen? Erkennen die sich da selbst, ist es eine Karikatur oder ist es eine Utopie?
TB: Ich weiß auch nicht wie die darauf kommen, vermutlich durch Japan. Aber jedenfalls schimmert einiges durch. So eine Geschichte ist beispielsweise wichtig für mich, da eben weder das Einzelteil noch das Ganze gewinnt. Es bleibt immer in der Waage, die Punkte haben ihr Leben und das Kollektiv hat sein Leben und das gesamte Teil hat sein Leben und es muss irgendwie in der Waage gehalten werden. Was die Chinesen darin erkennen, glaube ich, ist etwas sehr Wichtiges. Das haben sie mir jedenfalls erzählt. Außerdem wollten die hier möglichst viele Varianten von Vorstellungen sehen, die dann in diesem Buch waren. Das ist wie eine Handlungsanweisung, wie man verschiedene Dinge durchziehen kann oder wie man dieses Thema immer wieder anders aufwickeln kann. Da erkennen sich die Chinesen schon.
KA: Da sprichst Du jetzt mehr von der sozialen Dimension, von der kapitalistischen Utopie, die für Dich praktisch schon in den Siebzigern erledigt gewesen ist. Jetzt nähern wir uns stärker der Frage von Individuum und Sozialem.
TB: Nein, ich meine...
KA: ...da erlebst Du Dich viel mehr in Japan?
TB: Das hat sich doch wunderbar entwickelt, in einzelnen Beispielen, in der Philosophie und so weiter, aber in Wirklichkeit spielt es sich natürlich so ab, dass man den alten Marx womöglich wieder aus der Kiste holen muss. Wenn es nur noch drei Media-Konzerne und nur noch vier Autowerke gibt, und sich jetzt 80 % der Menschheit auch noch in die Arbeitslosigkeit verabschieden und somit unproduktiv bleiben, ist das, glaube ich falsch. Das Produktive, das kommt von den Einzelnen und muss natürlich in der Zusammenfassung noch passen. Ich meine in dem Gesamttier, das nachher entsteht. Aber wenn alle flachgesetzt werden und ins Arbeitsamt gesetzt werden und nur noch zehn Prozent wissen wo es lang geht, ist das unheimlich unproduktiv. Also ich sehe quasi solche basisdemokratischen Geschichten nicht mehr so, wie das 1968 gesehen wurde. Aber zehn Gehirne müssten eigentlich mehr denken als Eines. Ich weiß, dass auch das wieder Utopie ist, wenn die alle eingeschaltet und nicht nur daneben hingesetzt würden, dann würde sich das Ganze nicht so festlaufen, wie das jetzt aussieht. Es ist wichtig, dass man sich jetzt nicht wie diese Wissenschaftler aufspielt, aber ich denke schon, dass du dich selber steuern musst, du musst einfach wissen, was Du überhaupt willst. Dieses Herumprobieren oder Herumspielen liegt mir überhaupt nicht. Das muss Dich auch heiß machen. Es werden Sachen zusammengeworfen oder geknetet, die eigentlich normalerweise in der Wissenschaft nie zusammengepackt würden. Denen würden die Haare zu Berge stehen, wenn das einfach zusammengebaut würde.
KA: Es ist ein Phänomen, bei Deinen Büchern und bei Deinen Ausstellungen, dass Du Dinge, die Du in den letzten 30 Jahren gemacht hast, benutzen kannst wie gegenwärtiges Material. Du platzierst es in der Ausstellung nebeneinander oder übereinander. Im Buch entwickelst Du daraus Logiken und Ketten, wo das Entstehungsdatum eigentlich keine Rolle spielt. Es sieht nie wie eine Retrospektive aus, sondern wie eine aktuelle Lösung.
TB: Ja, weil sehr viel Sachen erst gekommen sind. Als ich anfing, da hieß es ja „Blaue Ameisen“, in China, und es war eine dumpfe Masse. Ich weiß es noch ganz genau. Jeder hat sie nur als dumpfe Masse gesehen und folglich als „Blaue Ameisen“, weil sie alle blau angezogen waren. Jetzt werden wir schon noch einiges darüber lernen müssen. was sich mit denen abspielt. So doof und so dumpf wie das Modell damals schien, das ist ja schon jetzt völlig klar, ist es wiederum nicht. Ja, es ist sogar äußerst raffiniert. Es baut nämlich wirklich auf diese unglaubliche Vielfalt und auch auf diese echte Masse auf. Wir sehen natürlich nur den Markt drinnen. Was sich in Wirklichkeit in diesen ganzen Gehirnen, in diesen ganzen Körpern und in diesen Milliarden von Zellen abspielt, das kommt dazu. Das können wir nur ahnen. Wir stehen heute auf dem Schlauch, wenn wir da nicht weiterkommen und nur von Zellen reden. Aber wenn da nichts passiert. Eigentlich findet hier eine Kristallisation statt. Es kristallisiert sich alles. Manches verfestigt sich, statt sich zu lockern oder statt zu fließen anzufangen.
KA: Du meinst, dass es sich bei uns zu Einzelschicksalen kristallisiert, die ja praktisch endlich sind.
TB: Ja.
KA: Dort gibt es kollektive Schicksale, die sich irgendwie in Bewegung aufschaukeln.
TB: Auf jeden Fall. Das ist völlig klar. Für mich ist es nichts Überraschendes, dass die so weit hinaufkommen und dass es noch viel weiter geht. Jetzt müssen wir mal schauen, was die da draus machen.
(Frankfurt a. M., Juni 1997)