Statements

Statement von Helmut Draxler

Kunst geschieht nicht im Privaten und muss dann ins Öffentliche gebracht werden. Die Öffentlichkeit ist vielmehr immer dort schon präsent, wo das Private in Erscheinung treten kann. Das Subjekt kann sich als privates wie als künstlerisches nur im Rahmen einer öffentlichen Vorstellung von Subjektivität behaupten, zu der es sich selbst in Relation setzt. Es tritt somit nicht in einen anderen, fremden Raum hinein; dieser andere Raum ist in Form von Anerkennungsritualen, Symbolisierungen und Normierungen immer schon eingetreten und anwesend als das, was das Subjekt in sich selbst sowohl als Identität als auch als Differenz erkennen lässt. In diesem Zwiespalt wurzelt das Subjekt, dass nämlich seine Besonderheit nur im Allgemeinen, seine Identität nur in der Differenz wahrgenommen werden kann. Es verfehlt sich kategorisch in beide Richtungen und kann weder wirklich subjektiv noch wahrhaft objektiv werden; es kann sich jedoch in der Differenz von Identität und Differenz erfahren und diese Differenz zweiter Ordnung an einer anderen Schnittstelle festmachen. Denn das Öffentliche ist längst kein gemeinsamer Raum mehr, der von wechselseitigen Anerkennungsprozessen durchzogen wäre. Vielmehr ist das Öffentliche gespalten zwischen intersubjektiven, interobjektiven und internormativen Dimensionen ebenso wie von medialen, institutionellen und urbanen Strukturen. Das Öffentliche fungiert in diesem Sinne wie ein zerbrochener Spiegel, der dem Subjekt keinen konsistenten Raum für seine symbolischen Projektionen mehr anbieten kann. Kunst ist der symbolische Modus, mit diesem Mangel umzugehen, und deshalb ist das museum in progress nicht progressiv, weil es die Kunst und das Subjekt einer neuen Bestimmung zuführt, sondern weil es die konstitutive Dimension der gespaltenen Öffentlichkeit explizit macht und einen Raum schafft, der die Selbstbehauptung von künstlerischer Subjektivität unter fraktalen Bedingungen exemplarisch in Erscheinung treten lässt.

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