raising flags

raising flags 31

„Die Idee kam mir beim Versuch, händisch eine Flagge zu imitieren. Mein Fingerflattern in der Luft glich einem Vogel, und das wollen wir doch mit Flaggen: Frei sein durch zeichenhafte, von weither sichtbare Klarstellung, wer, was und wo wir sein wollen. Doch nichts ist so simpel, wie es scheint und Menschen sind geprägt von Ambiguität. Die Interpretation von Nachrichten ist wie die von Gesten abhängig vom Kontext, und der ist oft flatterhaft wie wir selbst.

Ich habe meine eigenen Hände – mein wichtigstes Werkzeug als Bildhauerin, die Verlängerung meines Denkens, die Former meiner skulpturalen Sprache – abgelichtet. Ein Selbstportrait in schwindelerregender Höhe. Meine Hände formen die Geste des Vogels beim Schattenspiel. Manche interpretieren sie als Adler (also Raubvogel), andere hingegen sehen darin eher eine Taube (‚Friedensvogel‘). Beide Arten werfen formal denselben, jedoch inhaltlich einen konträren Schatten im Wind, der sie weht. Gemeinsam haben sie, dass sie beide irgendwann das Nest verlassen, um sich zu entfalten – flügge werden.

Ich stelle mir meine Hände auf der Flagge hoch oben fliegend vor und wie groß der Schatten wäre, den diese Geste üblicherweise zu erzeugen versucht. In Bad Gastein, wo auch viele (schräge) Vögel kreisen, wird dieser imaginäre Schatten jedoch nicht auf Zimmerdecken, sondern im Freien auf Berge und Hotels geworfen. Die Erholung während der ‚Sommerfrische‘ befreit, beflügelt. Gleichzeitig kreist auch der Raubvogel über seinem Revier. Diese Gleichzeitigkeit lässt sich auf jeglichen Kontext und Ort umdeuten. Nichts ist einfach, alles hat seine Sonnen- sowie Schattenseiten und diese sind jeweils subjektiv.

Bei Windstille streicheln die Hände lediglich die Luft und den Fahnenmast. Das Zeichen des Vogels ist nicht erkennbar, aber es lässt sich ahnen, dass die Hände etwas mitzuteilen versuchen, mal heftiger winkend, dann sanft grüßend, in ihrem luftigen, vermeintlich freien Element. Der Wind wird helfen, befreit zu sein, unabhängiger – flügge.“

(Miriam Jonas)


Das Kunstwerk von Miriam Jonas ist als signierte und nummerierte Flaggen-Edition im Format 80 x 123 cm erhältlich. Auflage: 60 Stk. Bestellungen unter: www.mip.at/shop/flaggen-editionen.

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