Wir leben in Zeiten, die das Denken in großen Begriffen erschweren, ja vielleicht unmöglich machen. Der aktuelle Politisierungsschub hat die feststehenden Kategorien – darunter auch Begriffe wie „Kunst“ und „Politik“ – in Schwingungen versetzt. Es müssen Handlungsperspektiven entwickelt werden, die den Widerstand gegen Schwarz/Blau aufnehmen und die Frage nach der richtigen, der angemessenen Regierung stellen. Nach einer Regierung, die weder die Bevölkerung fragmentiert (Staatsrassismus) noch als Exekutivorgan des globalen Kapitals fungiert. Doch die Regierung geht vom Volk aus. Der Staatsrassismus entspricht dem Wunsch der MehrheitsösterreicherInnen und MehrheitseuropäerInnen, sich durch Ausgrenzung armer Bevölkerungsschichten Privilegien zu verschaffen. Volk und globale wirtschaftliche Institutionen gehen dabei ganz neue Koalitionen ein. Es geht hier um nichts weniger als um die Neuerfindung des Sozialen.
Vor dem Einsetzen des aktuellen Politisierungsschubs galten solche künstlerischen Praktiken als engagiert, die auf einen expliziten Gesellschaftsbezug drängten, die sich beispielsweise um Arbeitslose und Flüchtlinge kümmerten. Heute erfassen wir die Dialektik, die zwischen faktischem Sozialabbau einerseits und der symbolpolitischen Repräsentation sozialstaatlicher Anliegen andererseits besteht. Aufgrund dieser fiesen Dialektik ist das Interesse an ästhetischer Autonomie gewachsen – an künstlerischer Praxis, welche die herrschenden Vernunftstandards nicht bedient. Wie aber können künstlerische Praktiken, die sich von den Vernunftstandards abkoppeln, in den Prozess gesellschaftlicher Bedeutungsgebung einfließen? Nach unserer Ansicht dadurch, daß man die Autonomie nicht in der Kunst, sondern in ihrer Wirkung sucht.
Ruth Noack, Roger M. Buergel, KuratorInnen der Ausstellung: „Dinge, die wir nicht verstehen“.
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