Statements

Statement von Massimiliano Gioni

Meine erste Begegnung mit museum in progress muss 1998 oder 1997 vermutlich während einer Wienreise stattgefunden haben, ich weiß es nicht mehr. Woran ich mich aber erinnere, sind diese Faltbroschüren, insbesondere jene über Kara Walker und Rirkrit Tiravanija, mit von Hans-Ulrich Obrist geführten Interviews. Ich hatte ihn damals über Email kontaktiert (ich glaube, unter seiner Adresse HUO@compuserve.com), um ihn wegen der Übersetzung einiger Auszüge seines um 1997 erschienenen Buches über Gilbert & George ins Italienische zu fragen. Mit der für ihn typischen Großzügigkeit stimmte Hans-Ulrich nicht nur der Übersetzung zu, sondern ließ mir von da an auch immer wieder Unterlagen über museum in progress zukommen. Kurz danach veröffentlichte ich seine Interviews auf Italienisch in einem kurzlebigen Internetmagazin namens „Trax“ unter dem Titel: „It’s a Museum in Progress Production“. Ich war 24, und zum ersten Mal fühlte es sich für mich so an, als würde ich einer internationalen Kunst-Community angehören. Man könnte sagen, museum in progress machte mir Geschmack auf die große, weite Welt.

Im Jahr 1999 luden mich Hans-Ulrich und museum in progress ein, in der Tageszeitung „Der Standard“ zu einer Ausstellungsreihe beizutragen. Es war eine der ersten internationalen Plattformen, die mir hier angetragen wurde, wofür ich auf ewig dankbar bin. Doch museum in progress sollte sich für meine Arbeit als noch prägender erweisen, zumal die Idee zu einer nomadischen Institution ohne fixen Ausstellungsort mein Konzept für das Programm der Trussardi-Stiftung in Mailand, deren Leitung ich 2003 übernahm, stark beeinflusste. Von museum in progress hatte ich gelernt, dass Museen zuallererst Software und nicht Hardware sind, und dieser Gedanke ist heute zeitgemäßer und wirksamer denn je. Höchst interessant ist, dass meine Begegnung mit museum in progress mit dem Eröffnungsjahr des Museo Guggenheim in Bilbao zusammenfiel. Das Guggenheim in Bilbao mag heute bekannter sein, doch für mich wird museum in progress immer den Weg in die Zukunft weisen.

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