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Ausgestoßene, obdachlose Penner und Stadtstreicherinnen, Cowboys, Gangster, Heavymetal-Fans, Gespenster samt den modischen Sexpüppchen, die sie zu entführen pflegen. Genau solchen „dramatis personae“ ohne Drehbuch und klare Regie – isoliert, schwebend und nicht verwurzelt in dieser Welt – begegnen wir in Olaf Breunings Video mit dem paradoxen Titel HOME (2004).
Breunings Werk wird oft als Überfülle schrankenloser Fiktionen beschrieben, die ihrerseits wiederum noch groteskere Geschichten von Menschen erzeugen, die auf einem medienkontrollierten Planeten nach Lebensformen suchen. Aber laufen seine Bilder nicht eher auf eine Krise der Fiktion hinaus? Auf einen Prozess der Entmythologisierung dessen, was übrig geblieben ist, nachdem die Marktgesellschaft die für individuelle Gemeinschaften einst lebensnotwendigen Geschichten ihres Sinns beraubt hat, indem sie sie dem kapitalistischen Produktionsprozess einverleibte?
Um sein Photo EASTER BUNNIES (2004) zu schießen brach Breuning mit einem rudimentären Metallgerüst, das so beschaffen war, dass es den heiligen Monumenten Hasenohren und ein Hasenlächeln mit entsprechend vorstehenden Zähnen verpassen würde, zur Osterinsel auf. Laut Breuning war es eine Reise mit dem Ziel, den „Gegensatz von Dummheit und Heiterkeit“ zu erfassen.
Die Soundtracks sind ein integraler Bestandteil von Breunings Arbeiten, und für deren Instrumentierung bedient er sich ausschließlich digitaler Tondatenbanken von Aufnahme Software.
Aber zurück zu HOME: Hier ist das akustische Vorgehen ein anderes, da die Abfolge von Vignetten von einem unter Drogeneinfluss stehenden Erzähler zusammengehalten wird. Die zweigeteilte Videoprojektion zeigt einen auf und ab gehenden, schwadronierenden Kommentator, der in den rechten Bildraum verbannt ist, während sein Off-Kommentar die Geheimnisse seines eigenen und des Lebens seiner Freunde ausplaudert, das sich auf der linken Bildhälfte abspielt. Sein Monolog erweitert das Bild nicht um eine weitere Bedeutungsschicht, sondern verdoppelt es, indem er voraussagt, was gleich geschehen wird, oder wiederholt, was eben geschehen ist. Wie ein nervtötender Begleiter im Kino neutralisiert die Stimme die Geschichte, bevor sie richtig Gestalt annehmen kann.
Sein eindrücklichstes Erlebnis auf der Osterinsel war, bei Sonnenuntergang auf einem Vulkan zu sitzen, sich mit chilenischem Wein zu betrinken und sich in der überwältigenden Aussicht und einem unglaublichem Gefühl der Einsamkeit zu verlieren. Vom Berg aus sah er einen wunderschönen jungen Eingeborenen, die Haare zu einem langen Rossschwanz gebunden, auf einem Pferd den Strand entlang reiten, begleitet von einem Rudel Hunde. Er sagte, dieser Anblick sei wie ein wirklicher unverdorbener Traum gewesen. Der junge Mann sah ihn ebenfalls, gallopierte ihm entgegen und rief: „He, bist du nicht aus New York? Kannst du mir vielleicht eine Arbeit verschaffen? Ich langweile mich hier zu Tode. Ich muss endlich weg von hier!“
(Pressetext zur Ausstellung in der Galerie Meyer Kainer 01.04. – 25.05.2005.)