stealing eyeballs – designing media

stealing eyeballs 09

Stefan Sagmeister (New York)

Von Tibor Kalman stammt das Diktum, Stefan Sagmeister sei weniger Designer denn Erfinder. Diese Einschätzung seines kurzzeitigen Arbeitgebers bezieht sich nicht nur auf Sagmeisters variantenreiche, stets verblüffende Gestaltungen sondern besonders auf seine Methode: Sagmeister untersucht Designaufgaben, Materialien und Funktionen minutiös, um sekundäre und konventionelle Parameter zu eliminieren und den eroberten Freiraum für Experimente abseits aller Routine zu nutzen. Charakteristisch für diesen „Designer ohne Stil“ ist, dass der Ausgang dieser erfinderischen Praxis meistens anders als erwartet verläuft, immer aber konzeptuell überzeugend und nachvollziehbar bleibt.

Als Absolvent der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien und des Pratt Institute in Brookyn betreibt Sagmeister seit 1993 sein eigenes Designstudio in Manhattan, das auf Graphik- und Packagingdesign für den Musikbereich spezialisiert ist. Trotz großem internationalen Erfolg durch die Gestaltung von CD-Covers für Stars wie David Byrne oder Lou Reed weigert er sich, sein Zwei-Mann-Studio (Sagmeister und sein isländischer Codesigner Hjalti Karlsson) zu erweitern sowie in neue, digitale Bereiche zu expandieren.

Sagmeister ist Mediendesigner mit einem Faible für alte Medien wie Bücher und CD-Covers und dezidierter Distanz zu neuen Medien. Diese Haltung hindert ihn nicht, auf dem beschränkten, von ihm aber bevorzugten Terrain der CD-Hülle exemplarische und elementare Beiträge zum Thema „Interaktivität“ zu liefern wie beispielsweise seine frühe Covergestaltung für H.P. Zinkers Mountains of Madness. Dieses Cover zeigt einen Mann, dessen Gesichtsausdruck durch simple mechanische Verschiebungen der komplementärfarbigen Hüllen zwischen Depression und Wahnsinn zu changieren scheint.

Seine Gestaltungen fordern grundsätzlich aktive Betrachter bzw. Benutzer, die Zeit und Neugier investieren, um den Reichtum an Ideen zu erforschen, mit denen Sagmeister vor allem Musik ins Visuelle übersetzt. Er arbeitet dabei nicht nur mit visuellen Mitteln, die entweder opulent, schillernd oder dunkel und drastisch eingesetzt werden, sondern auch mit taktilen, mechanischen Reizen, indem er die Dreidimensionalität des Objektes bewusst ausnutzt um kleine, aber komplexe „Kommunikationsmaschinen“ (Ellen Shapiro) zu bauen.

Trotz seiner Skepsis unternahm der klassische Printdesigner mit der Regie zum Musikclip Modern Dance von Lou Reed unlängst einen ersten Ausflug in ein für ihn neues Medium.

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