Infinite Screen

Infinite Screen I

2. Oktober 2015, 20 Uhr, Biennale Venedig, Teatro alle Tese, Arsenale.

Uraufführung: DO 10. Oktober 2013, 19.30 Uhr, Wiener Konzerthaus, Großer Saal, in Hommage an Andrea Mantegna, Klangforum Wien, Aureliano Cattaneo: „Parole di settembre I-III“ (UA) mit der visuellen Installation „INFINITE SCREEN“ von AROTIN & SERGHEI.


Anders als alle üblichen Screens, deren Bildpunkte immer so angeordnet werden, dass eine möglichst gute Bilddarstellung und Lesbarkeit entsteht, beschäftigt sich INFINITE SCREEN direkt mit der Oberfläche der Illusion und dem versteckten „Alphabet“ von roten, blauen und grünen Lichtzellen, die durch ihre verschiedene Intensität unendliche Abstufungen von Farben und in Folge dessen alle denkbaren Bilder und Texte darstellen können. Diese Partikel sind in der Realität so klein, dass sie vom menschlichen Auge nicht einzeln wahrgenommen werden. In der künstlerischen Arbeit von AROTIN & SERGHEI werden aus diesen Komponenten der Oberflächen der Bildschirme vibrierende Licht-Zellen-Bilder, in denen sich immer wieder neue Räume aufspalten.

Die Installation INFINITE SCREEN ist in mehreren Realisierungsformen geplant, die in unterschiedlichen Kontexten in Erscheinung treten. Der erste Teil entstand im Großen Saal des Wiener Konzerthauses in Zusammenarbeit mit dem Klangforum Wien als 12 x 12 Meter große, quadratische Projektion. 2015 wurde das Projekt an die Biennale in Venedig eingeladen, wo es als spartenübergreifendes Projekt zur Eröffnung des offiziellen Musikprogramms im Teatro alle Tese, im Arsenale präsentiert wurde.

INFINITE SCREEN I war Andrea Mantegna (1431–1506) gewidmet, dem bedeutenden Maler der italienischen Frührenaissance, der am konsequentesten die Konstruktionsgesetze der Perspektive nach Leon Battista Alberti (1404–1472) auf die Darstellung menschlicher Körper anwandte und das Blickfeld erweiterte. Der musikalische Teil des Abends war bestimmt durch die Uraufführung von Aureliano Cattaneos „Parole di settembre I-III“ nach dadistischen Kontemplationen, die der neoavantgardistische italienische Dichter Edoardo Sanguineti (1930–2010) über Bildelemente aus dem Oeuvres Andrea Mantegnas schrieb.

Die Installation wurde von AROTIN & SERGHEI zum musikalischen Ablauf elektronisch live animiert und erinnert sowohl an einen stilisiert-digitalisierten Blick in den quadratischen Himmelsausschnitt aus dem runden Innenhof von Mantegnas Wohnhaus in Mantua, als auch an das, den digitalen Kontext der Zukunft bereits erahnende und vorwegnehmende Buch der unendlichen Bildkombinationsmöglichkeiten Sanguinetis, als „biggest art book in the world“ 1966 bei Mazotta herausgegeben.

Den allgegenwärtigen digitalen Bildpunkt aus der Entwicklung der Perspektive in der Malerei nachzeichnend, führt die Arbeit von AROTIN & SERGHEI heute, in einer Zeit der visuellen Übersättigung, zurück zu der unendlichen leeren und freien Bildwand, auf die in der frühen Renaissance der Fluchtpunkt und die in die Zukunft weisende Perspektive projiziert wurde.

„AROTIN & SERGHEI bringen in ihrer Arbeit die humanistische Grundidee der Renaissance, der Erweiterung des Raums und des Denkens in unsere Zeit. Auf die Wand werden sowohl abstrakte Formen und als auch Bildzitate Mantegnas in einer Perspektivkonstruktion projiziert. Der Fluchtpunkt wird zu einem Ort, in dem sich die Bildwand öffnet. Die Mauer zerfällt durch die Illusion des Unendlichen. Der runde Innenhof des Wohnhauses von Mantegna, eines der wichtigsten Repräsentanten der Renaissance, wird zum Synonym für einen Ort der Erinnerung: Ein Quadrat das in einem Kreis eingeschrieben ist, aus dem alle Bildwelten entstehen und sich verwandeln.“
(Ivan Fedele, Transkription aus seiner Rede am 02.10.2015 zur Eröffnung des 59. Festivals für zeitgenössische Musik der Biennale von Venedig)


Im November 2013 eröffneten AROTIN & SERGHEI im „Bildraum“ (Burggasse 7–9) die Ausstellung „FREE CELLS“, welche an INFINITE SCREEN anknüpft. Am 8. September 2014 wurde die Installation an der Ars Electronica im Brucknerhaus Linz weitergeführt und für 2016 ist eine Projektion im öffentlichen Stadtraum von Wien geplant.

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